Solarspitzengesetz im Bundestag

Solarspitzengesetz 2025: Welche Auswirkungen hat das auf PV-Betreiber?

Am 31. Januar 2025 hat der Deutsche Bundestag das neue Solarspitzengesetz verabschiedet, das weitreichende Konsequenzen für Betreiber von Photovoltaikanlagen mit sich bringt. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Einspeisung von Solarstrom ins Netz effizienter zu gestalten. Für PV-Betreiber bedeutet dies sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die wichtigsten Änderungen und deren Auswirkungen auf die Praxis.
Inhaltsübersicht

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Das Wichtigste vorab: Das Solarspitzengesetz hat auf klassische PV-Anlagen auf privaten Wohnhäusern kaum Einfluss!

Im Kern geht es darum, veraltete Regelungen im EEG zu ändern und das Gesetz so dem modernen Strommarkt anzupassen. Dieser Schritt ist wichtig, damit erneuerbare Energien die deutsche Volkswirtschaft dauerhaft positiv beeinflussen, anstatt ihr zu schaden. Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  1. Keine Einspeisevergütung bei negativen Börsenstrompreisen
    Alternativ: Einspeisebegrenzung auf 60 % der Leistung (nicht der Menge) für Anlagen ohne Steuerbarkeit
  2. Vereinfachte Direktvermarktung
  3. 15 min Intervall für Stromkontrakte am Day Ahead Markt
  4. Beschleunigung des Einbaus intelligenter Messsysteme

Wir werden im Verlauf dieses Artikels auf die einzelnen Punkte im Detail eingehen. Weiterführende Informationen finden Sie auch in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie oder im Plenarprotokoll des Bundestages vom 31.01.2025.

Hintergrund und Ziele des Solarspitzengesetzes

Warum wurde das Gesetz verabschiedet?

Das Solarspitzengesetz wurde verabschiedet, um die Integration von Solarstrom ins Netz zu verbessern und Netzengpässe zu reduzieren. Der rasante Ausbau der Photovoltaik in Deutschland führt dazu, dass immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz eingespeist wird – besonders in sonnenreichen Stunden kommt es zu Spitzenlasten, die das Stromnetz erheblich belasten können.

Ziel des Gesetzes ist es, Netzstabilität und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dabei sollen für Solaranlagen bessere Steuerungsmöglichkeiten geschaffen werden, um die Netze zu entlasten. Zudem sollen Betreiber von PV-Anlagen weiterhin wirtschaftlich profitieren. Das Gesetz unterstützt die ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung und ist wichtig für die stabile technische Umsetzbarkeit ohne finanzielle Schäden für unsere Industrie.

Das folgende Diagramm zeigt die Schwankungen der deutschen Stromerzeugung sowie des Strompreises an der Strombörse vom 25.01.2025 bis 01.02.2025. Daraus geht hervor, dass typischerweise um die Mittagszeit (wenn die Sonne scheint) viel Strom produziert wird und gleichzeitig der Strom günstig ist. Würde hier jetzt nicht reguliert werden, verstärkt sich der Effekt bei weiterem Zubau von Solarenergie noch deutlich mehr. Neben der hohen Belastung für die Stromnetze würden mit dem alten, starren Modell der EEG-Vergütung enorme Kosten zu Lasten der Steuerzahler entstehen: Im Sommer ist der Strompreis typischerweise auch mal negativ. Wird dann trotzdem eine feste Vergütung bezahlt, bedeutet das Verluste für den Bundeshaushalt – Tendenz steigend (ohne Regulierung).

Stromerzeugung vs. Strompreis 25.01.2025 - 01.02.2025
Stromerzeugung vs. Strompreis [Quelle: smard.de]

Die Grafik können Sie sich in einer erweiterten Ansicht hier als PDF herunterladen. Datenquelle: Bundesnetzagentur / smard.de

Welche PV-Anlagen sind betroffen?

Bisher wurden seitens des Gesetzgebers keine Einschränkungen gemacht außer die Ausnahme für Steckersolargeräte bis 2 kWp und einer Wechselrichterleistung bis zu 800 W. Es sind also außer Balkonkraftwerke alle PV-Anlagen vom neuen Solarspitzengesetz betroffen, unabhängig von ihrer Größe.

Das Gesetz wird allerdings nur für neuinstallierte PV-Anlagen gelten. Betreiber bestehender Solaranlagen können jedoch freiwillig in die neue Regelung wechseln und erhalten hierfür als Anreiz 0,6 Cent / kWh mehr EEG-Vergütung.

Auswirkungen auf PV-Betreiber – Chancen und Herausforderungen

Was bedeutet das für private und gewerbliche Anlagenbesitzer?

Da das Gesetz aktuell keine Einschränkungen bezüglich der Anlagengröße macht, sind private und gewerbliche Anlagenbetreiber gleichermaßen betroffen. Bevor Sie sich jetzt allerdings zu große Sorgen um die Wirtschaftlichkeit eines Photovoltaik-Projekts machen, lesen Sie bitte die folgenden vier Absätze.

1. Keine Einspeisevergütung bei negativen Börsenstrompreisen

JA, ist der Strompreis an der Strombörse negativ, wird es (für Neuanlagen) in Zukunft keine Einspeisevergütung mehr geben. Allerdings sollen die „verlorenen“ Stunden nach dem Ende der 20-jährigen Förderdauer angehängt werden. Die Einspeisevergütung wird also „nachgeholt“. Deshalb geht der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. davon aus, dass die Rentabilität von PV-Anlagen durch das neue Solarspitzengesetz „nicht nennenswert beeinträchtigt wird“.

Im Jahr 2024 gab es an 457 von 8.784 Stunden (5% der Zeit) negative Strompreise in Deutschland. In den meisten Fällen war das jedoch nur 2-3 Stunden um die Mittagszeit oder nachts, wenn die eigene PV-Anlage sowieso nicht produziert. Wer also seine Energieflüsse intelligent steuert, der ist von den neuen Regulierungen überhaupt nicht betroffen, sondern profitiert sogar davon. Näheres dazu erläutern wir im Absatz Tipps zur optimalen Nutzung der neuen Regelungen.

2. Vereinfachte Direktvermarktung

Ganz konkret wurde zur Direktvermarktung im neuen Solarstromspitzengesetz leider keine Angabe gemacht. Es wurde jedoch eine „standardisierte und massengeschäftstaugliche Abwicklung der Direktvermarktung“ versprochen und Michael Kruse (FDP) sprach sich für eine „Absenkung der Direktvermarktungsschwelle“ aus. Das ist ein wichtiger Schritt, damit Sie als Besitzer einer PV-Anlage mit Speicher von den Strompreisschwankungen am Ende sogar profitieren können…

3. 15 min Intervall für Stromkontrakte am Day Ahead Markt

Das Intervall am Day Ahead Markt (vortägige Auktionen an der Strombörse) soll von Stundenkontrakten auf Viertelstundenkontrakte umgestellt werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um die Auflösung noch feiner und damit genauer zu gestalten. Im Zweifelsfall wird dadurch länger Einspeisevergütung bezahlt bzw. Sie können besser steuern, wann Sie den Strom zu Ihrem Vorteil in das Netz einspeisen.

4. Beschleunigung des Einbaus intelligenter Messsysteme

Auch zur Beschleunigung des Einbaus intelligenter Messsysteme / Smart Meter wurde leider nur sehr wenig Konkretes gesagt, obwohl dies ausdrücklicher Wunsch bei der Gesetzesänderung war. Vermutlich soll aber schlichtweg durch den Inhalt des Gesetzes der Ausbau automatisch vorangetrieben werden: Besitzt eine Anlage keine intelligente Messeinrichtung, muss sie bis zum Einbau einer Steuerbox auf 60% Einspeiseleistung gedrosselt werden. Das sorgt durch verärgerte Kunden sicherlich für mächtig Druck bei den Netzbetreibern…

Hinzu kommt, dass PV-Besitzer mit einer intelligenten Messeinrichtung durch den §14a EnWG von weiteren Abrechnungs- und Tarifprodukten profitieren können.

Bei uns wird in den allermeisten Fällen sowieso ein Smart Meter verbaut. Das war auch bereits vor dem Solarspitzengesetz der Fall.

Tipps zur optimalen Nutzung der neuen Regelungen

1. Nutzung eines großen Speichers

Die wichtigste Voraussetzung, um vom neuen Solarspitzengesetz möglichst keine Auswirkungen zu spüren, ist ein großer Speicher. Damit können Sie entstehende Lastspitzen abpuffern und in für Sie günstigere Zeiten verschieben.

PV-Anlagen ohne Speicher werden somit tendenziell immer weniger werden, was auch richtig so ist. Diese Anlagen schaden der Netzstabilität und damit uns allen. 

Lastverschiebung
Lastverschiebung [Quelle: smard.de]

2. Nutzung eines intelligenten Energiemanagements

Um die sogenannte Lastverschiebung überhaupt vorzunehmen, benötigt es ein intelligentes Energiemanagement. Hier werden mit aggressiven Marketingmethoden oft Dinge wie „Zusatzboxen“ oder „künstliche Intelligenz“ kommuniziert, die für die Steuerung notwendig sind. Das ist aber oft gar nicht der Fall: Sehr viele Speicherhersteller bringen ein Energiemanagement bereits mit und nutzen beispielsweise KI-basiert die Wetterprognose, um die Be- und Entladung optimal zu steuern.

Um größere Verbraucher untereinander zu steuern und z.B. das E-Auto mit Überschuss zu laden, bietet sich durchaus eine übergeordnete, externe Software an. Hier gibt es jedoch Lösungen, die vollkommen ohne Zusatzhardware auskommen. Wir empfehlen die Nutzung von clever-PV, welches einige Funktionen sogar bereits kostenlos mitbringt und viele Hersteller unterstützt.

3. Nutzung der Fahrzeugbatterie

Perspektivisch wird es auch möglich sein, das E-Auto als Zwischenspeicher zu nutzen. Aktuell gibt es hierfür in Deutschland noch einige steuerliche Hürden, die jedoch in dem Zusammenhang sicher auch bald geklärt werden. Dann können Sie das eigene Fahrzeug zur Netzstabilisierung einsetzen und damit Geld zu verdienen. Bleiben Sie gespannt!

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